Das Helmhaus als Ort der Reflexion
Gislar Sulzenbacher, langjähriger Geschäftsführer AVS
Die Orts- und Flurnamen in Südtirol sind seit Jahrzehnten ein Grund für politische Auseinandersetzungen und kontroverse Diskussionen. Der Ursprung dieses Konfliktherdes liegt in den Bestrebungen des seinerzeitigen faschistischen Regimes, mit der Überdeckung historisch gewachsener Namen durch italienische Übersetzungen den Anspruch Italiens auf Südtirol zu untermauern.
Unter der Federführung des Nationalisten Ettore Tolomei wurden erste Übersetzungen bereits im Jahr 1906 veröffentlicht. Mit dem Ersten Weltkrieg folgte unter dem Namen „Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige“ die Übersetzung von ungefähr 10.000 geografischen Orts- und Flurnamen und mit den drei Namensdekreten von 1923, 1940 und 1942 wurden diese als offizielle Bezeichnungen festgelegt. Der Namen „Helm“ scheint in diesem „Prontuario“ einzig in Verbindung zum „Helm Bach“ in italienischer Übersetzung als „Elmo“ auf. Weder der Gipfelname noch das bereits 1891 bestehende Helmhaus werden im Namensverzeichnis gelistet.
Mit den Bestrebungen zur Umsetzung des „Kulturprojektes offenes Helmhaus“ und den hierfür gewährten öffentlichen Mitteln war unweigerlich die Fragestellung zur Projektbezeichnung unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren verbunden.
Abgesehen vom einstigen Vereinszweck zum Bau von Schutzhütten und deren heutigen Erhalt zählt die Instandhaltung und die Beschilderung der Wanderwege zu einer weiteren Kernaufgabe der Alpenvereine. Dadurch ist der AVS seit jeher mit der Toponomastik in Südtirol
konfrontiert. Im Rahmen der digitalen und strukturellen Erfassung des gesamten Wegenetzes in den Jahren 2001–2007 und der nach- folgenden Beschilderung war es den einzelnen AVS-Sektionen überlassen, die Beschilderung nach den örtlichen Gegebenheiten mit den spezifischen Orts- und Flurnamen zu erneuern. Angesichts der Tourismusregion rund um den Helm und deren Vermittlung zeigen heute die Wegweiser der örtlichen AVS-Sektion Drei Zinnen auf den „Helm - Mt. Elmo“.
Einen Schritt zur Konfliktlösung der Toponomastik in Südtirol bildet das im Jahre 2010 vereinbarte Abkommen zwischen dem seinerzeitigen Landeshauptmann Luis Durnwalder und dem Regionenminister Raffaele Fitto, wonach u.a. Begriffe wie „Berg“ oder „Hütte“ der offiziellen Zwei- bzw. Drei-Sprachigkeit Südtirols gemäß zu übersetzen und die Zwei-Namigkeit von Orts- und Flurnamen einer Übersichtsliste gemäß anzuwenden ist – wo u.a. jeglicher Namensbezug zum „Helm“ fehlt.
Im Spannungsfeld zwischen gefühltem Unrecht italienischer Ortsnamen auf deutscher Seite und dem gefühlten Verständnis der italienischen Bevölkerung, italienische Namen würden einen Gebrauchswert aufweisen und für die Daseinsberechtigung der Italiener in Südtirol unerlässlich sein, haben sich alle Projektpartner auf die sachlichen Grundlagen berufen und das „Kulturprojekt offenes Helmhaus“ heute als „Progetto culturale Rifugio aperto Helm“ bezeichnet.
Damit soll das „Helmhaus“ auch zu einem Ort der Reflexion über die historische Entwicklung und die künftige Auseinandersetzung mit dieser komplexen Thematik werden.